Studium

Im Blog habe ich ja schon eine ganze Menge über meine Freizeitaktivitäten geschrieben. Also wird es Zeit, den Eindruck zu korrigieren, dass mein Leben in Österreich nur daraus besteht ;-).

Die Prüfungsordnung meiner Heimat-Hochschule sieht vor, dass in einem Auslandssemester 15 Credit Points (ECTS) gemacht werden. Ein Punkt entspricht europaweit vereinheitlicht 30 Arbeitsstunden. In der Praxis stimmt dieser Wert natürlich meistens nicht, aber prinzipiell ist das System schon dafür geeignet, Leistungen zu vergleichen.

FH Joanneum Kapfenberg

Wie geschrieben muss ich hier insgesamt Veranstaltungen "im Wert von" 15 CPs machen. Praktisch sind es bei mir 19 CPs, ich will ja ein bisschen Puffer haben. Die Veranstaltungen habe ich mir selbst ausgesucht und mein betreuender Professor sowie die Erasmus-Koordinatorin der FH Joanneum haben dieser Auswahl zugestimmt. Gemeinsam haben wir das sogenannte Learning Agreement unterschrieben. Dieser Vertrag enthält eine Liste der Veranstaltungen, die ich erfolgreich abschließen muss um ein Anrecht auf meine Erasmus-Förderung (1500€!) zu haben. Mit der Absolvierung meines Bachelor-Studiengangs daheim hat das Learning Agreement allerdings nichts zu tun. Um meinen Bachelor zu Hause abzuschließen, muss mein Professor mein Auslandssemester (basierend auf einem kurzen Bericht und natürlich den Leistungsnachweisen über die belegten Veranstaltungen) anerkennt. Da ich mit ihm alles vorher besprochen habe, sollte es dabei jedoch keine Probleme geben.

Aber genug der Formalien! Werden wir konkret und schauen uns an, was ich den nun für Kurse besuche!

Austria - People & Culture (2 CPs)
Dieser Kurs hat als einziger gar nichts mit Informatik zu tun, es geht nämlich um mein Gastgeberland. Der Kurs wird vom International Office angeboten und fast alle anderen Incomings nehmen teil. Eine Mitarbeiterin des IO macht den Kurs und hat uns unter anderem über österreichische Feste, Gewohnheiten, Geografie, Poltik-Strukturen und vieles mehr berichtet. Natürlich ist für mir vieles schon bekannt gewesen, aber lange nicht alles. Zum Beispiel hatte ich noch nie etwas vom österreichischen Nikolaus-Fest Krampus gehört. Bei diesem sehr verbreitetem Brauch verkleiden sich Leute mit Fellen und Masken als Schreckgestalten und erschrecken andere Leute. Dabei läuten sie wild mit Glocken. Die Dozentin hat uns erzählt, dass sie als Kind immer richtig Angst hatte. Heutzutage scheint es eher organisierte Veranstaltungen zu geben, bei denen einige der Teilnehmer (also nicht die Zuschauer) die Krampusse mimen und andere die Bevölkerung. Was dann passiert, würde ich eine Schlägerei nennen. Nur halt organisiert. Sehr seltsam. Aber zurück zum Kurs: Besonders spannend fand ich es auch immer, wenn die Kommilitonen berichten durften. Also "wie ist ... in Spanien/Costa Rica/Mexiko/Finland?". Wie zu erwarten, waren oft die europäischen Nationen (auch Finnland aus dem hohen Norden) sehr ähnlich und auf der anderen Seite haben die südamerikanischen Länder eine Gruppe gebildet. Wobei Spanien hier und da mal gewandert ist. Aber natürlich muss ich für zwei Credit Points nicht nur rumsitzen und quatschen ;-). Als Prüfungsleistung musste ich eine Präsentation über eine österreichische Landeshauptstadt halten sowie einen Essay einzureichen. Der hatte den vorgegebenen Titel "My Austrian Culture Shock" und ihr könnt ihn hier lesen.

E-Business-Applications (2 CPs)
Bei diesem Kurs handelt es sich um die einzige Veranstaltung, die nicht Teil des Bachelor-Studiengangs Internettechnik ist. Sie kommt aus dem Master "IT Recht und Management", der berufsbegleitend ist. Daher musste ich für diesen Kurs auch nur dreimal zu Präsenztermine am Abend oder samstags in die Hochschule kommen. Allgemein ist der Kurs sehr frei: Es geht darum, ein Konzept für einen Webshop zu entwickeln und diesen auch teilweise zu implementieren. Geht ja mit Wordpress o.Ä. heute sehr schnell. Die Hauptarbeit ist aber ein Dokument, indem wir etwa eine Marketingstrategie und natürlich die Geschäftsidee vorstellen. Bei mir und dem Kommilitonen aus Costa Rica, mit dem ich hier zusammenarbeite, ist das ein Online-Shop für individuell zusammenmischbare Smoothies.

Internetökonomie (1 CP)
Internetökonomie ist eine kurze Vorlesungsreihe, die sich mit dem digitalen Geldverdienen beschäftigt. Es ging los mit ein paar grundlegenden Volks- und Betriebswirtschaftlichen Grundlagen, danach haben wir uns selbst (teil-)digitale Geschäftsmodelle überlegt. Diese wurden anschließend in Gruppen sowie von der Dozentin bewertet. Als Prüfungsleistung müssen wir eine 10-Seiten Seminararbeit schreiben. Ich habe mich für das Thema "Vertrieb journalistischer Texte im Internet" entschieden. Auch diese Arbeit von mir könnt ihr gerne lesen. Ich erläutere darin kurz die Geschichte des deutschsrachigen Online-Journalismus, anschließend geht es darum wie bisher Geld verdient wurde und gerade wird, danach werfe ich einen Blick auf neue Ansätze zum Vetrieb sowie die Rolle von Google und Facebook und zuletzt gibt es noch eine vorsichtige Zukunftsprognose. Viel Spaß beim Lesen.

Professional English (2.5 CPs)
Dass mein Studium zu Hause keinen Englisch-Kurs enthält, finde ich schade. Die Österreicher haben an der FH Joanneum gleich drei Englisch-Kurse im regulären Studienverlauf. Allerdings ist der Weg zur Hochschule in Österreich ja auch wesentlich heterogener als in Deutschland, daher verlässt man sich hier wahrscheinlich weniger auf die schulische Vorbildung. Ich habe nun jedenfalls "Professional Englisch" aus dem zweiten Semester des Internettechnik-Studium gewählt. Der Kurs hat mir gut gefallen, die Dozentin hat fast immer Themen behandelt, die irgendwas mit Technologie zu tun hatten. Anhand von denen haben wir dann so Sachen wie Passiv, zählbare/nicht zähtbare Nomen oder if-Clauses wiederholt. Wahrscheinlich hätte ich auch den Professional English Advanced Kurs nehmen können, aber andererseits habe ich durchaus etwas Neues (bzw. Vergessenes wieder) gelernt. Somit war's es schon keine schlechte Wahl. Als Prüfungsleistung mussten wir im Semester diverse Dinge wie einen Essay oder ein Grammatik-Erklärvideo einreichen sowie am Ende eine Klausur schreiben.

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Projektarbeit 1 (4 CPs)
Die Projektarbeit im vierten Semester des Internettechnik Studiengangs ist ein recht freies Modul. Man sucht oder denkt sich mit einem Dozenten in Gruppen ein Projekt aus und setzt dieses bis zur Endpräsentation am Semesterende um. Ich arbeite mit einer Finnin zusammen an einer App. Diese soll dazu dienen, im Ruderverein in Köln Kilometer beim Rudern automatisch zu erfassen und dann in ein digitales Server-Logbuch einzutragen. Dabei werden die Kilometer nicht nur bei der Person selbst eingetragen, sondern auch bei allen anderen angegebenen Ruderern im Boot. Prüfungsleistung ist neben dem Quellcode und der Präsentation auch ein Projekthandbuch.

Rich Internet Applications (2.5 CPs)
Natürlich habe ich an meiner Heimathochschule schon ein Webentwicklungs-Modul gehabt und mich mit HTML, Javascript etc. auseinandergesetzt. Allerdings war dieses sehr projektbezogen, ich habe also nur das gelernt, was ich für unser Projekt gebraucht habe. Daher war ich froh, hier nun ein "klassisches" Websprachenmodul mit Vorlesung, Übung und Hausaufgaben zu den Übungen zu haben. Also alles mal ordentlich durchgehen. Javascript (z.B. Events, Sensoren wie GPS und Orientierung oder Feedback wie Vibration), Responsive Websedign, Performance Tests, Ajax, HTML5 Canvas und mehr. Prüfungsleistung ist neben den Hausaufgaben ein kleines Projekt und eine mündliche Prüfung. Ich arbeite mit einer Amerikanerin zusammen an einer Web-App zum Speichern von Programmiercode-Snippets. Ihr merkt schon, tendenziell sind immer die Incomings zusammen ;-).

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Websprachen (2 CPs)
Websprachen ist die Veranstaltung, die die Internettechniker vor Rich Internet Applications im zweiten Semester machen. Dort lernt man XML (mit DTD und XSL) sowie PHP und Javascript. Da ich vorher noch nie wirklich was mit PHP und XML gemacht habe, durchaus sinnvoll. Wobei mich die beiden Sprachen im Vergleich zu JS nicht so interessieren. Aber sind halt immer noch viel genutzte Standards, daher ist es gut, wenn man da zumindest ein Basis-Wissen hat. Die Prüfungsleistung in der Veranstaltung bestand aus regelmäßigen Tests in den Übungen (bei denen jedoch alle Hilfsmittel erlaubt waren), einem praktischen Test mit allen Hilfsmitteln außer Gruppenarbeit sowie einer kleinen Klausur.

Windows System Management (3.5 CPs)
Unter dem Produktnamen Windows bietet Microsoft weit mehr an, als das, was man als Endanwender so kennt. In der Veranstaltung haben wir nach einer kleinen Vorlesung in Übungen zum Beispiel ein paar Dinge an einem Windows Server konfiguriert, dort eine Domäne erstellt sowie Sharepoint, Powershell und komplexere Batch-Scripte kennengelernt. Als Prüfungsleistung haben wir (in Zweiergruppen, ich mit einem kanadischen Kommilitonen) Microsoft-Produkte in einer Präsentation vorgestellt und eine Seminararbeit darüber geschrieben. Wir haben uns Hyper-V beschäftigt, Microsofts Lösung zur Virtualisierung verschiedener Betriebssysteme auf Windows- oder Hyper-V-Servern.